Industrie 4.0 und agile Methoden

Industrie 4.0 und agile Methoden

Fast jedes in der Industrie bzw. Produktion tätige Unternehmen möchte die Herausforderungen der digitalen Transformation und der Industrie 4.0 schaffen. Doch von welchen neuen Herausforderungen sprechen wir hier überhaupt und wie kann sich ein Konzern dafür fit machen?

Viele Betriebe möchten was tun, um Herr der neuen Herausforderungen zu werden. Doch nicht alle wissen genau, was sie tun müssen, um ihr Alltagsgeschäft in Hinblick auf Digitalisierung und Industrie 4.0 zukunftsfit zu machen. Wir stellen Ihnen die 4 wichtigsten Lektionen vor, welche uns in unserem agilen Alltag immer wieder auffallen. BTW: Der Begriff “Industrie 4.0” ist mittlerweile in fast ganz Europa etabliert – auf der restlichen Welt spricht man aber eher von “Industrial IoT”, meint damit aber das gleiche.

Lektion #1: Fachbereich + IT an 1 Tisch

Unternehmen – egal welcher Branche – müssen lernen, dass Industrie 4.0 kein IT-Phänomen ist und nicht rein aus der Branche des Unternehmens heraus verstanden werden darf. Vielmehr muss das Management verstehen, die gerade in Industrie- bzw. Großunternehmen eingefahrenen Strukturen aufzubrechen. Wie das geht? Indem man zuallererst IT-affine Vertreter der Fachabteilungen mit IT-Fachleuten an einen Tisch zusammensitzt und am besten gleich mit einem externen Coach ergänzt.

Agile Arbeitsweisen, rasche Verfahren und neue Projektmanagement-Methoden wie Scrum oder Kanban sind im Bereich der Digitalisierung nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig und sollten nicht als neumodisches Zeugs abgetan werden. Gerade in der Produktion (Automobilbau, Energietechnik, Maschinenbau, Elektrotechnik uvm.) hat sich in den letzten Jahren einiges an Erfahrungen sammeln lassen. Die Erkenntnis daraus: Industrie 4.0 funktioniert besonders gut, wenn durch Anwendung agiler Methoden sich ITler und Vertreter der klassischen Fertigung an einen Tisch setzen.

Lektion #2: Alle Produktzyklen nutzen

Agilität sollte in allen Produktzyklus-Stufen Verwendung finden. Vorteile: Mehr Transparenz und Marktverständnis. Doch warum ist das jetzt wichtiger als früher? Vor allem in den B2B-Märkten wurde oft bisher die Entwicklung eines neuen Produktes nach den Vorlieben einzelner Stakeholder bzw. Key Accounts durchgeführt, manchmal gar nur nach Bauchgefühl. Heute können Betriebe vor allem durch online-Marktplätze und Maßnahmen im E-Commerce auf brauchbare Daten (zB über das Kundenverhalten) zugreifen.

Außerdem lassen sich heutzutage immer mehr Geräte digital auslesen (Gerätezustands-Daten). Speziell im Bereich der Produktpflege und des Testens sehr interessant. Erfahrene Techniker und Produktmanager sind nach wie vor wichtig, um (häufig) auftretende Schwachstellen eines bestimmten Gerätes oder Modells aus deren Erfahrung heraus zu lösen. Doch heute liefert die Daten-Protokollierung und -analyse deutlich zuverlässigere und flächendeckendere Erkenntnisse.

Lektion #3: Langfristiges gemeinsames Ziel

Unternehmen müssen lernen, ihre Interessen und vor allem ihre Produkt-Portfolios zu bündeln und miteinander statt gegeneinander zu agieren. Das hilft nicht nur den Entwicklungsaufwand zu minimieren, sondern auch noch für alternative Techniken gerüstet zu sein. Ein gemeinsames Ziel oder eine vordefinierte Roadmap über alle Bereiche hinaus zu kommunizieren, wäre ein 1. Schritt dazu. Allen Abteilungen und Bereichen muss klar werden, wie und wo sich das Unternehmen positionieren möchte, damit Entscheidungen rascher und zielgerichteter getroffen werden können.

Unabhängig von Branche oder Produktionsform herrscht sowieso langfristiges Denken. ITler müssen lernen, dass in der “old economy” die Produktzyklen deutlich länger sind, als bei klassischem IT-Equipment. Geräte oder Sensoren werden normalerweise jährlich durch eine neue Produktgeneration oder zumindest durch Firmware-Updates auf den neuesten Stand gebracht und können durchaus 5 Jahre oder länger in der gleichen Weise auf dem Markt sein. Eine Investition im Industrie-Bereich wirkt sich oft auf Jahrzehnte aus. ZB sind Anlagen aufgrund der Zertifizierung für die Produktion teilweise seit 20 oder 30 Jahren unverändert im Einsatz und werden oft überarbeitet statt abgerissen. Das heißt, dass sich die Industrie deutlich schwerer bei Entscheidungen für bestimmte Technologien tut, dafür aber länger daran festhält und ggf. identische Anlagen im Ausland ebenfalls damit ausstattet.

Lektion #4: Verständnis für Wandel

Know-how und Manpower bleiben bei allen Änderungen auch weiterhin wichtige Erfolgsfaktoren. Unternehmen tun daher gut daran, Fachkräfte nachhaltig an sich zu binden (nicht immer durch hohe Gehälter, sondern mehr durch angepasste Arbeitsbedingungen, spannende Aufgaben oder mehr Verantwortung und Vertrauen in die Mitarbeiter). Wie tickt mein Mitarbeiter, was möchte er verbessern und was stört ihn? Alles Themen, welche im Zuge einer Retrospektive transparent gemacht werden können und so für schrittweise Verbesserung sorgen.

Auch die Fortbildung wird immer wichtig (lebenslanges lernen bzw. Investition in die Kenntnisse der Mitarbeiter). Die Industrie 4.0 ist nicht nur dem schnellen Wandel unterworfen, sondern bedeutet gerade für langgediente Fachkräfte, ein oftmals nachhaltiges Umdenken. Themen wie Schutz des Firmen-Know-hows oder eigene Patente spielen dabei genauso ein Thema auf dem Weg zu Industrie 4.0. In Schlüsseltechnologien von anderen Unternehmen outzusourcen, um Wissen anzukaufen oder gemeinsam zu arbeiten, ist heutzutage nicht mehr selten. Klar ist, dass viele Themen inzwischen zu schnelllebig und zu groß geworden sind, als dass sie ein einzelner Konzern alleine stemmen könnte.

Conclusio

Egal ob Scrum oder Kanban: Industrie 4.0 bedeutet in vielen Unternehmen, dass sich alte, klassische und neue, agile Welt einander annähern müssen. Und das beginnt am besten durch externe Beratung und ein klärendes Gespräch zwischen allen Beteiligten – unter Anwendung agiler Vorgehen und Methoden.